Samstag, 13. Juli 2013

Die V. Fabel/Von der Nachtigall und Habicht


Welche anderen Feindschaft tragen / und ihnen hässlich nachstellen / die bedörffen daß sie sich selber auch besorgen / daß ihre Bosheit nicht fürkommen würd / als hie geschehen ist.

Ein Habicht saß in einer Nachtigallen Nest / und beschattete das Wetter / und fand allda junge Nachtigallen. Bald käme die Alte / und bat den Habicht / daß er ihr die Jungen wollte lassen. Der Habicht antwortete: Ich will Thun / was du wilt / wann du mir schön singest. Wiewohl nun der Nachtigalle Herzt / vor Sorg und Angst umb ihre Jungen sehr betrübt biß in den Tod / doch zwar sie die Liebe ihrer Jungen / zu singen. Da sprach der Habicht: Du hast nicht wol gesungen / un nam eines von den jungen / un hub an zu essen. In dem kam ein Vogler zwerchs Weges gegangen / und lockte mit dem Pfeifflein / und reizte mit der Wicken / und stecket die Klebrüthlein / derer eines nahm der Habicht / und verwickelte sich darein / daß er damit zu der Erden fiele / und wiewohl er die andern hatte beschädigt / so war er doch nicht so behänd / und wurde also selber gefangen.

Dann welcher hütet / und meinet er hab wol gehütet / wird offt selbst gefangen.


aus:
Asopus:
Das ist
Das ganze Leben und Fabeln Esopi:
Samt einem Anhang der Fabeln
Aniani/Adelfonsi/un etlicher Schimpff-Reden Pogij:
Auch Auszügen schöner Fabeln und Exempeln
D. Sebastian Brands.
Alles mit schönen Figuren zu dbesserer Einbildung in Druck gegeben
Zu Basel/Anno 1676

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