Donnerstag, 18. April 2013

Krieger, Barde und Taugenichts (2)

 
Ach, groß war das Wehklagen am Hofe, als die schlechte Nachricht nach der Hälfte der Jahresfrist dort anlangte. Und wie grämte sich der Baron solcherart seinen Sohn verloren zu haben.
Da kam der zweitälteste seiner Söhne zu ihm und sagte: “Hört mein Vater, laßt mich ziehen, damit ich meinen Bruder befreien und die Hand der Prinzessin erwerben kann.”
»Ach«, wehrte der Baron ab, »wie willst du denn den dunklen Herrscher besiegen? Kannst du doch kaum mit dem Schwert umgehen.«
Doch der Barde lachte nur und antwortete: »Nicht mit dem Schwert werde ich ihn besiegen, Vater. Wohl aber mit einer List.«
Da ließ der Vater seinen zweiten Sohn schwergemut ziehen.
Auch der Barde gelangte nach Wochen und Monaten endlich in das kleine Dorf am Waldesrand, wo man ihn zu der alten Vettel verwies. Doch der Barde zog nicht gleich weiter, er hörte sich um im Dorf und sprach mit den Leuten. Er umgarnte sie mit Worten und Liedern, bis er endlich erfuhr, daß die alte Frau wohl eine Hexe war. »Ach«, dachte er, »gut das zu wissen. Nun ist es wohl recht günstig, die Alte zu umgarnen, damit sie mir ihr Wissen preisgibt.«
So zog er in den Wald und traf auch recht bald auf die Alte, die singend mit zwei Eimern Wasser beladen seinen Weg kreuzte. »Zwei Weiden und eine Erle, die standen am Sumpf. Die Erle wurde größer, die Weiden verfaulten am Stumpf«, sang sie, als der Barde sie unterbrach.
»Erlaubt mir, Euch zu begleiten«, lächelte er und bot ihr seinen Arm. Ihre Eimer jedoch trug er nicht. Und die Alte dankte ihm und ließ sich von ihm zu ihrem Haus geleiten. Dort bewirtete sie den jungen Mann gar fürstlich und der spielte als Dank seine Lieder für sie. So erfuhr er bald auch den Weg und auch was seinem Bruder widerfahren war. Gar höflich dankte er der Frau, bevor er weiterzog, doch die Warnung, die sie ihm nachrief, hörte er nicht mehr: »Gebt acht und laßt Euch auf keinen offenen Kampf mit ihm ein!«
Schon bald stand er vor den gewaltigen Toren der Burg und freudig gewährte man ihm Einlaß, denn Barden sind allenthalben gern gesehene Gäste. So spielte er und sang an der Tafel des dunklen Herrschers und sagte kein Wort davon, woher er kam. Es dauerte nicht lange, bis er das Zimmer fand, wo man die Prinzessin eingekerkert hatte. Und auch seinen Bruder fand er, der in Ketten gehüllt Steine schleppte zum Bau eines Schuppens. Dies erbitterte den Barden sehr.
Der dunkle Herrscher jedoch durchschaute die Maskerade des Barden und ließ ihn festnehmen. »Hört«, sagte er zu dem Barden. »Ihr habt die Wahl. Entweder ich lasse Euch in meinen tiefsten Kerker sperren für Euren Verrat oder ich fordere Euch zum Kampf. So Ihr jedoch verliert, sollt Ihr mein Sklave sein.« So sprach der Dunkle, denn er war sich seines Sieges sicher.
Der Barde jedoch lächelte nur, war er doch auf einen Kampf vorbereitet. Denn eingedenk der Niederlage seines Bruders hatte er sich das Pülverchen verschafft, daß diesen seiner Kraft beraubt hatte. »Gerne nehme ich Eure Herausforderung an«, antwortete er daher, »doch zuerst laßt uns miteinander speisen, wie es die Gastfreundschaft verlangt.«
Da lachte der Usurpator nur und sagte: »Lange genug habt Ihr an meiner Tafel gespeist. Nun aber sollt Ihr kämpfen.«
Nichts konnte der Barde tun, um dem anstehenden Kampf noch aus dem Wege zu gehen, hatte er ihm doch schon zugestimmt. Und so kam es, daß auch der zweite Sohn des Barons als Sklave des dunklen Herrschers endete.



Fortsetzung folgt
Petra E. Joerns

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