Donnerstag, 5. November 2009

Hildegard und der Basilisk


Hildegard von Bingen (ca. 1098-1179), die bedeutendste Mystikerin des Mittelalters, veröffentlichte neben ihren Visionen auch Schriften über Medizin und Natur. Dabei fasste sie das damalige Wissen der Zeit zusammen, was manchmal in skurrilen Beschreibungen kulminierte:

»Der Basilisk entsteht aus gewissen Würmern, die etwas vom teuflischen Gewerk haben, wie die Kröte. Als sich die Kröte einst trächtig fühlte, sah sie ein Schlangenei, setzte sich zum Brüten darauf, bis ihre Jungen zur Welt kamen. Diese starben; dann brütete sie das Ei weiter, bis Leben in dasselbe kam, welches alsbald von der Kraft der alten (paradiesischen) Schlange beeinflusst wurde. Als die Kröte Leben im Ei sah, floh sie, da Junge aber zerbrach die Schale und schlüpfte aus, gab aber sogleich einen Hauch wie heftiges Feuer, ähnlich dem Donner und Blitz, von sich. Bis zum völligen Auswachsen gräbt es sich fünf Zoll tief in den Boden, dann kommt es wieder hervor und tötet alles, was ihm in den Weg kommt. Wo ein toter Basilisk verfault, sei es auf dem Acker oder im Hause, verbreitet er Verderben, Unfruchtbarkeit und Pestkrankheiten.«

Weder werden Kröten trächtig noch brüten sie Eier aus, eigene nicht und keine fremden. Auch ist die Kröte kein Wurm, noch hat sie teuflisches Gewerk in sich. Allerdings fehlt in Hildegards Beschreibung der tödlich Blick und die Vernichtung des Fabeltiers durch einen Spiegel. Stattdessen ist von einem tödlichen Hauch die Rede.

Aktuell läuft mit Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen ein Film in den Kinos, der ein wenig über die äußeren Umstände ihres Lebens berichtet, aber wenig oder kaum von dem, was sie im Innern bewegte.

Hildegard von Bingen
Horst-Dieter Radke

1 Kommentar:

Lebenskünstler hat gesagt…

Wirklich skurril:-))
Dazu muss man sagen, dass die Hildegardforschung mutmaßt, dass gerade diese Beschreibungen (Drache und Einhorn gehören ebenfalls dazu) erst im Nachhinein von den Bearbeitern der Schriften, hinzugefügt wurden. Die gesamte "Physica" ist die am wenigsten gesicherte Schrift Hildegards, da es kein Original gibt, während alle Visionsschriften ganz sicher von ihr stammen.